DMS Talks
Retail Innovation & Corp-Ups – Die Zukunft des Handels gestalten.
Bleibt alles anders – das ist auch im Retail ein Motto, das aktueller denn je ist: Denn auch im Handel erwarten uns viele neue Möglichkeiten. Und ein weiterer spannender DMS Talk: Denn diesmal begrüßt Oliver Nitz, CMO von DMS mit Werner Wutscher einen weiteren hochkarätigen Gast – der Gründer und Managing Partner von New Venture Scouting teilt mit uns seine Fachexpertise.
Modern Talking: Sie sich der Retail verändert.
Vorab: Es tut sich viel – und diese Veränderung wird die Retail-Welt prägen. Dabei geht es allerdings nicht nur um Entwicklungen wie die Künstliche Intelligenz, die derzeit viele neue Möglichkeiten bietet. Es sind Innovationen wie diese, die für einen Wandel sorgen – aber eben: nicht nur.
Wenn’s im Handel „klick“ macht.
Auf der einen Seite stoppt BILLA die Zustellungen im ruralen Gebiet nach der Online-Bestellung. Auch Anbieter wie Alfies verändern ihr Angebot – in diesem Fall aber mit Blick auf die Zustellzeiten. Auf der anderen Seite: Leere Stores, über die wir im DMS Talk 8 mit Dr. Roman Schwarzenecker von Standort + Markt und Manuel Friedl vom Handelsverband gesprochen haben. Denn insgesamt macht es im Handel öfters „klick“: Der Online-Handel ist längst nicht mehr nur ein Trend, der immer stärker wird: Seit der Pandemie gibt es deutlich mehr Online-Shops. Zur damaligen Zeit war es in vielen Branchen die einzige Option, zu shoppen. Es war sicher, bequem – und vor allem: möglich. Zu Hause ist seither für viele Shopper:innen die Lieblingsdomain geblieben.
Viele Händler sind diesem Konzept treu geblieben. Mehr noch: Sie haben die Möglichkeiten, online zu shoppen, ausgebaut und optimiert. Ja, bei vielen hat es klick gemacht: Denn so wird auch an der Miete für Stores, deren Gestaltung und auch am Verkaufspersonal gespart. Das Resultat: Leerstände im stationären Handel – und die Chance, in diesem Segment zu wachsen. Diese haben vor allem Billiganbieter wie Action ergriffen. Und auch Anbieter wie Temu und Shein, die war immer wieder mit negativer Publicity konfrontiert werden, aber trotzdem für volle Kassen – und Kleiderschränke – sorgen. Was wieder an einem anderen Problem liegt: Richtig, der Inflation, die das „Billigshopping“ attraktiver macht. Die Situation bei Start-ups und Scale-up-Investitionen bleibt hingegen durch die unsichere Marktlage und die Geopolitik angespannt.
Ideen und Innovationen – gesucht und gefördert!
In einer so kritischen Zeit wie der aktuellen braucht es noch mehr News – und zwar gute: Also Ideen, die den Handel voranbringen. Auch in Österreich muss jetzt in richtig gute Innovationen investiert werden: Denn während im Early Stage noch viel Geld fließt, besteht bei Scale-ups eine immer größer werdende Finanzierungslücke. Und jetzt kommen die Universitäten ins Spiel: Investiert wird laufend in die Forschung. Und Österreich brilliert mit der dritthöchsten Forschungsquote in Europa. Aber wie sieht’s mit dem Output aus? Hier lautet das Motto: Fordern und fördern – denn das Know-how, das hier gesammelt wird, kann im Retail wieder für Aufschwung sorgen. Gesucht wird nach dem, was den Handel wieder bewegt: nach oben.
Ausgezeichnete gemeinsame Erinnerungen.
Über all das spricht Oliver Nitz mit Werner Wutscher. Die beiden Gesprächspartner verbinden wortwörtlich ausgezeichnete Erinnerungen: Denn Werner Wutscher hat Oliver Nitz und seinem Team den Preis für die innovativste POS-Lösung vergeben – für AbHof und METRO. Als Leiter der Fachgruppe Innovation im Handel konnte er der DMS 2019 diesen Preis bei Retail Innovation Awards übermitteln. Ein Wow-Erlebnis, über das wir gerne hier mehr erzählen: So war die Performance von DMS bei der damaligen Awardshow.
Noch mehr Wow-Erlebnisse: Wir arbeiten schon an den nächsten DMS Talks.
Unser Job ist es schließlich nicht nur, zu begeistern – sondern auch der laufende Austausch mit Expert:innen aus der Branche. Wir bleiben immer im Gespräch und unterhalten uns mit Insider:innen über die neuesten Trends. Dabei können die Themen immer wieder überraschen … Stay tuned!
Und natürlich: Wenn Sie sich für unsere Lösungen wie Digital Signage, Instore-Radio, Content-Produktion oder Location Analytics interessieren, sind wir gerne da, um Sie, ihre Kund:innen und Partner:innen zu begeistern. Immer nach unserem credo: Was nicht wow ist, ist nicht von DMS!
Transkript des DMS Talk zum Nachlesen
DMS Talk – Retail Innovation & Corporate Collaboration
Oliver Nitz (DMS):
Herzlich willkommen zum neuen DMS Talk. Ich glaube, es ist heute schon der elfte – zum Thema Retail Innovation & Corp.
Mein Name ist Oliver Nitz. Ich bin bei DMS und heute Ihr Moderator.
Wir, die DMS, sind seit 20 Jahren im Markt – mit Schwerpunkt Retail. Dazu zählen für uns auch Filialisten wie Banken, Handelsunternehmen, LEH u. v. m. Wir erweitern physische Räume mit digitalen Medien und Services: Digital‑Signage‑Screens (inkl. Content), In‑Store‑Radio, sowie Frequenzmessung & Analytics – ein stark wachsendes Feld bei uns. Ziel: mehr über Filialen und Kund:innen wissen und bessere Inhalte ausspielen – z. B. auf Bildschirmen.
Unser Anspruch: Digitales mit Sinn – zur Zufriedenheit unserer Kund:innen.
Meinen heutigen Gast kenne ich seit einigen Jahren – er war so freundlich, uns den Österreichischen Retail Innovation Award zu verleihen, den wir gemeinsam mit AbHof (Startup für Produzenten) und der METRO für die innovativste Presselösung gewonnen haben.
Begrüßen Sie mit mir Werner Wutscher, Founder & Managing Director von New Venture Scouting.
Werner Wutscher (New Venture Scouting):
Hallo, danke für die Einladung, Oliver.
Ich habe New Venture Scouting 2013 gegründet. Seitdem schlagen wir Brücken zwischen traditionellen Unternehmen und Startups/Gründer:innen. 2013 – also noch vor dem großen E‑Commerce‑Schub und der Social‑Media‑Welle – war das für viele neu. Seither hat die Digitalisierung den Handel stark verändert. Wir bringen beide Welten zusammen, weil daraus Innovation entsteht.
Im Handelsverband durfte ich das Ressort Innovation leiten – dort haben wir uns kennengelernt – und u. a. die Retail‑Startup‑Kooperation aufgebaut. So haben wir den Wandel der Branche eng begleitet.
Vom Corporate‑Startup‑Zirkel zur Uni‑Tech (Deep Tech)
Oliver:
Hat sich euer Fokus über die Zeit geändert?
Werner:
Ja, stark. 2013 konnten viele mit „Scouting“ noch wenig anfangen. Dann kam die Phase, in der „jede:r“ Startup machte – oft ohne Sinn & Methodik. Vor 4–5 Jahren haben wir unseren Fokus stärker auf Universitäten und Science‑based Spin‑offs (Deep Tech) gelegt. Wir arbeiten weiterhin mit Corporates, aber die Erträge und Wirkung sind bei technology‑driven Vorhaben oft größer.
Warum Universitäten? Dort liegt ein riesiger Schatz an Technologie – aber kaum jemand übersetzt die Forschung in Geschäftsmodelle. Den Transfer von Wissenschaft in Gesellschaft zu beschleunigen, ist eine Schlüsselfrage für Europa.
Beispiel Suchauftrag & Kooperationslogik
Oliver:
Früher kamen Unternehmen mit sehr konkreten Suchen zu euch, oder?
Werner:
Genau. Ein Beispiel: Ein globaler Auftrag (u. a. Philips, Liebherr, ein Reinraumtechnik‑Anbieter): „Findet Technologien, die kontaktlos und zerstörungsfrei die Haltbarkeit von Lebensmitteln messen.“ Solche globalen Suchaufträge lieben wir – weil wir Anbieter mit Suchfeldern zusammenbringen und Innovation triggern.
Kultur übersetzen – sonst scheitert es
Oliver:
Wie bereitet ihr beide Seiten vor?
Werner:
Der Hauptgrund für gescheiterte Kooperationen ist Kultur. Startups und Corporates ticken anders. Wir sind Übersetzer – auf beiden Seiten:
- Corporate‑Sicht: Ein Team mit 3 Personen ist kein klassischer Lieferant nach Pflichtenheft – aber es liefert Neues. Erwartung anpassen.
- Startup‑Sicht: Corporate ist professionell, hat Prozesse. Kein Pitch‑Event – es geht um klare Antworten und Lieferfähigkeit.
Typische Stolpersteine (Top 3)
- Überhöhte Erwartungen: „Die programmieren uns das – ausgelagert, fertig.“ So läuft es nicht.
- Schnittstellen: AGB mit Haftung jenseits von Gut & Böse; erst Zusage, dann Procurement/Legal mit neuen Runden; Zahlungsziele von 180 Tagen – da stirbt ein Startup am Cashflow.
- Strategie vs. Finance: Corporates sind strategische Investoren. Startups müssen wissen, welche Rechte/Pläne das Corporate verfolgt (bis hin zur Übernahme). Heute fairer als früher – aber wichtig.
Kooperationsformen – vom Abverkauf bis JV
- Kundenbeziehung: Corporate kauft ein – super Referenz im Fundraising.
- Umsatzbeteiligung: Testflächen/‑regale, Revenue Share; Corporate stellt Vertrieb/Fläche.
- Entwicklungspartnerschaft: z. B. IoT – gemeinsames Pflichtenheft, klare Rollen, Go‑to‑Market.
- Beteiligung/Joint Venture: Mehr Einblick, Einfluss – kann positiv sein, verlangt aber klare Governance.
Wer macht’s gut?
Werner:
In Österreich z. B.:
- U:nyque Health (UNIQA) – Corporate Innovation mit eigenen Health‑Services, enger Startup‑Koop, eigener Venture‑Arm.
- AVL List – global eng mit Startups in Fahrzeugtechnologien.
- Raiffeisen Bank International (Elevator Ventures) – Corporate VC; der Verbund baut ebenfalls an CVC.
Im Handel senken REWE, SPAR & Co. die Barrieren (Start‑up‑Regale, Pilotfilialen, strukturierte Prozesse).
Braucht der Handel Startups?
Werner:
Ja. Im Tagesgeschäft ist Kosten‑/Prozess‑Effizienz die Pflicht – Innovation geht dort oft unter. Startups sind Schnellboote: testen, lernen, Risiko auslagern, Time‑to‑Market gewinnen.
Digitale Tools & Gen‑Z‑Nähe bringen neue Segmente und Erlebnisse – das hilft dem Handel.
Finanzierung & Europa‑Perspektive
Oliver:
Wie sieht’s mit Finanzen aus – mehr Startups? Genug Kapital?
Werner:
Das Ökosystem ist erwachsener: aws, FFG, Business Angels, VCs – gute Andockpunkte. Aber: Europa erlebt Abflüsse Richtung USA/Asien. Gründe:
- Regulierung (z. B. AI) – Startups ziehen ins UK/USA, Investoren folgen.
- Kapitalmarkt: In Europa dominiert Bankkredit; in den USA VC/PE. In Europa gibt es nur ~25 Fonds >500 Mio. – in den USA sehr viele.
- Arbeitsmarkt: Gute Jobs hemmen Neugründungen leicht (AT: 270 Startups/Jahr, rückläufig).
Problemzone: Scale‑ups (Series B+). Early‑Stage ist gut gefördert, aber große Runden sind rar. Dann gehen gute Teams weg (Terms wie „Move HQ to US“). Ergebnis: Wertschöpfung wandert ab – Jobs gleich mit.
Österreichs Forschung & der Transfer
Oliver:
Österreich hat eine hohe Forschungsquote – wie heben wir das?
Werner:
Bildung & Forschung sind Schlüssel. Aber der Transfer von Uni → Gesellschaft ist noch schwach. Darum haben wir 2024 mit Partnern einen Leitfaden publiziert (u. a. mit dem BMBWF): Standards zu IP, Lizenzen, Uni‑Beteiligung, Prozessen – damit Spin‑offs schneller & transparenter werden.
Best Practice: UnternehmerTUM (München) – bündelt Kapital & Industrie am Campus; Basel (Pharma/Life Sciences) ähnlich. Nähe von Uni & Unternehmen ist entscheidend.
Strukturwandel im Handel – was hilft wirklich?
Oliver:
Wir sehen starke Verschiebungen: Mode raus aus den Highstreets, Billiganbieter rein; Gastro fängt nicht alles auf. Online boomt, Inflation & Unsicherheit drücken. Und Shein & Co.?
Werner:
Digitale Modelle mit ultrakurzen Zyklen und ausgehebelten Supply‑Chains (Direktvertrieb, Social‑Signal‑getrieben, Zollfreigrenzen) sind kaum einzuholen.
Antworten des Handels: Schnellere Zyklen, Nachhaltigkeit & Regulierung. Und: Konsument:innenkompetenz. Ein €‑2‑T‑Shirt kann nicht fair/nachhaltig sein. Hier braucht es Aufklärung und Rahmen.
Oliver:
Und stationär?
Werner:
Der Marktplatz war immer Ort der Begegnung. Stationär gewinnt mit Erlebnis, Beratung, sozialer Funktion – am besten branchenübergreifend gedacht (Innenstadt, EKZ, Pop‑ups, Services). Nachhaltigkeit & Werte gehören nach vorne. Und Prozesse müssen halten, was der Purpose verspricht – sonst kippt es.
Oliver:
Werner, danke für die klaren Einblicke – von Uni‑Transfer & Deep Tech über Corporate‑Kooperationen bis zu Regulierung & Handel. Sehr spannend. Vielleicht machen wir dazu eine Folge 2 und gehen tiefer rein.
Werner:
Sehr gern – danke für die Einladung!
Oliver:
Vielen Dank fürs Zuschauen!