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Retail Media: Handelsgeschäft oder Mediageschäft? Die wegweisende Entscheidung.

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Die Retail-Media-Branche wächst rasant und verspricht Einzelhändlern neue Umsatzquellen. Doch hinter den beeindruckenden Wachstumszahlen verbirgt sich eine fundamentale Frage: „Ist es Teil des Handelsgeschäfts oder ist es tatsächlich der Einstieg ins Mediageschäft?" Diese Frage zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte Branche – und die Antwort entscheidet über Erfolg oder Misserfolg.

Marktplätze vs. traditioneller Handel: Ein ungleicher Vergleich.

Die Top-3-Player im Retail-Media-Geschäft weltweit – Amazon, Alibaba/Tencent und Pinduoduo – haben eines gemeinsam: Es sind überwiegend Marktplätze. Bei Marktplätzen sind Werbeerlöse zu 100% inkrementell, da Händler für Sichtbarkeit bezahlen müssen. Wer sein Produkt nicht bewirbt, verschwindet auf Seite 17 der Suchergebnisse.

Traditionelle Händler stehen vor einer anderen Ausgangslage. Hier fließen seit Jahrzehnten Gelder aus der Markenindustrie in Form von Handelsmarketing. Viele der heute als „Retail Media" deklarierten Umsätze sind nichts anderes als umgeschichtete Budgets – ein Relabeling bestehender Geldströme.

Red Ocean vs. Blue Ocean: Zwei Strategien für Retail Media.

Für Einzelhändler gibt es zwei grundlegende Ansätze:

  • Der Red Ocean-Ansatz integriert Retail Media ins bestehende Handelsgeschäft. Mediaprodukte werden in Lieferantengesprächen angeboten und sind letztlich „eine Funktion der Absatzmenge". Hier sind nur die Händler stark, die bereits eine starke Verhandlungsposition haben.
  • Der Blue Ocean-Ansatz behandelt Retail Media als eigenständiges Mediageschäft. Produkte werden an Agenturen und Mediaverantwortliche vermarktet – unabhängig vom Handelsgeschäft. „Dann ist es Blue Ocean. Warum? Weil der Händler in ein neues Marktsegment kommt, an dem er vorher nie dran war."

Die Wahrheit hinter den Zahlen: Nominaler vs. inkrementeller ROAS.

Ein entscheidender Faktor für den Erfolg von Retail Media ist die korrekte Messung der Werbewirkung. Die Branche erlebt gerade einen Paradigmenwechsel:

Der nominale ROAS (Return on Ad Spend) berücksichtigt alle Käufe nach einem Werbekontakt – einschließlich sogenannter „Adjacent Sets" (verwandte Produkte). Diese Methode führt zu überhöhten Erfolgszahlen.

Der inkrementelle ROAS (I-ROAS) misst durch A/B-Tests den tatsächlichen Mehrwert der Werbung.

„Wir sehen ein Auseinanderbrechen um Faktor 3 zwischen nominaler Performance und inkrementeller Performance."

Loyalty Apps: Der Schlüssel zur Messung und Kundenbindung.

Für die Schwarz Gruppe z.B. (Lidl, Kaufland) sind Loyalty-Apps nicht nur ein zusätzlicher Werbekanal, sondern das Fundament des Retail-Media-Geschäfts. Sie ermöglichen:

  • Messung der Werbewirkung über alle digitalen Kanäle hinweg
  • Verknüpfung von Online-Werbung mit stationären Käufen
  • Steigerung der Kundenbindung durch personalisierte Angebote
„Für mich ist das Allerwichtigste ist, dass meine Medialeistungen messbar sind. Wir können sämtliche Digitalwerbung messen“

so Robert Jozic, Geschäftsleitung bei Schwarz Digital.

Die Zukunft: Mehr als nur Werbung.

Retail Media entwickelt sich bereits weiter – über reine Werbung hinaus. Die Zukunft liegt in drei Bereichen:

  1. Advertising: Klassische Werbung und Insights
  2. Loyalty & Partnerships: Kundenbindungsprogramme und Kooperationen mit nicht-endemischen Partnern
  3. Media & Content: Unterhaltung und Mehrwert für Kunden
„Es geht zukünftig nicht mehr nur um Commerce und es geht auch nicht nur um Advertising, sondern es geht auch darum, den Kunden mit Media und Media-Content dauerhaft glücklich zu halten."

Fazit: Standardisierung und Vertrauen als Schlüssel zum Erfolg.

Wer als Händler im Mediageschäft erfolgreich sein will, muss Vertrauen aufbauen. Das beginnt mit der Einhaltung von Standards – von internationalen Branchenstandards bis hin zu transparenten Messmethoden.

Die entscheidende Frage für jeden Händler lautet nicht, ob er in Retail Media einsteigen sollte, sondern wie: als Erweiterung des bestehenden Handelsgeschäfts oder als eigenständiges Mediageschäft mit neuen Zielgruppen und Budgets. Die Antwort darauf wird den Unterschied zwischen Stagnation und Wachstum ausmachen.

Wir bedanken uns für Robert Jozics hervorragenden Vortrag beim Retail Media Day 2025 in Zürich. #RMD25